Zollrecht

Wir beraten Sie gerne zum Thema "Zollrecht"
» mehr erfahren

Zoll- und Außenwirtschaftsrecht

Anwendung von Drittlandsanktionen gegenüber natürlichen Personen allein wegen familiärer Bindung

In Fortführung und Erweiterung seiner Rechtsprechung hat der EuGH mit Urteil vom 13.03.2012 (AZ C-376/10 P) entschieden, dass die vom Rat gegen ein Drittland erlassenen Sanktionen nicht automatisch auch gegen natürliche Personen angewendet werden dürfen, die mit den Machthabern des Drittlandes familiär verbunden sind.

 

Sachverhalt

Der Rat hat gegen das Land Birma / Myanmar wegen Menschenrechtsverletzung und fehlender Demokratisierung eine Reihe von Maßnahmen erlassen. Unter anderem wurden auch die Gelder der Mitglieder der Regierung und der mit ihnen verbundenen Personen, die auf einer Liste aufgeführt sind, eingefroren. Der Kläger wurde auf diese Liste mit dem Zusatz „Sohn von…“ eingetragen. Sein Vater war als geschäftsführender Direktor einer Handelsgesellschaft gelistet.

 

Entscheidung

Die EuG wies die Klage auf Nichtigkeit der EU-Verordnung, mit der der Name des Klägers der Liste hinzugefügt wurde, ab. Es bestehe die Vermutung, dass die Familienangehörige von Führungskräften und Machthabern ebenfalls Nutzen aus der Wirtschaftspolitik der Regierung zögen. Diese Vermutung habe der Kläger nicht widerlegen können. Der EuGH hat auf das durch den Kläger eingelegte Rechtsmittel die streitige EU-Verordnung bezüglich seiner Listung für nichtig erklärt.

 

Die restriktiven Maßnahmen sollen nach dem EuGH auf solche Personen beschränkt werden, deren Verbindung mit dem Drittland ganz offensichtlich ist, also auf die dortigen Machthaber und die mit ihnen verbundenen Personen. Eine Einbeziehung von natürlichen Personen unabhängig von ihrem persönlichen Verhalten nur wegen ihrer familiären Bindung stehe auf Grund der bisher ergangenen EuGH-Entscheidungen, wonach restriktive Maßnahmen nicht auf Personen abzielen dürfen, die „in anderer Art und Weise“ mit dem entsprechenden Land verbunden sind, im Widerspruch zum Unionsrecht. Für den Erlass der konkreten Maßnahme sei vielmehr der Nachweis genauer und konkreter Umstände erforderlich, aufgrund derer der Kläger einen Nutzen aus der Wirtschaftspolitik der Machthaber von Birma/Myanmar zieht. Eine Vermutung, dass dies allein wegen familiärer Beziehung schon der Fall ist, wie der EuG rechtsfehlerhaft angenommen habe, besteht nicht.

 

Bewertung der Entscheidung

Die Entscheidung des EuGH ist in rechtlicher Hinsicht nachvollziehbar. Dass eine „Vermutung“ für eine Listung ausreichen soll, widerspricht geltenden Beweislastregeln. Bei der Listung von Personen eine Beweislastumkehr dahingehend annehmen zu wollen, dass die gelistete Person sich entlasten muss, gleicht einer Vorverurteilung, die zu Recht nicht hinnehmbar ist. Die Ansicht des EuGH, dass es für konkrete Maßnahmen des Nachweises genauer Umstände bedarf, aufgrund derer nachgewiesen wird, dass ein Nutzen aus der Wirtschaftspolitik der Machthaber gezogen wird, ist völlig richtig.

Anschrift

Hafenweg 8, 48155 Münster
Postfach 3410, 48019 Münster
Parkmöglichkeiten in hauseigener Tiefgarage

Kontakt