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Zollrecht, Einfuhrumsatzsteuer

Ort der Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer

– EuGH, Urteil vom 10.07.2019, Rs. C-26/18 –

In den vergangenen Monaten hat es immer wieder Urteile an der Schnittstelle zwischen Zoll und Einfuhrumsatzsteuer gegeben. Auch das Urteil des EuGH beschäftigt sich mit der Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer im Kontext mit zollrechtlichen Verfehlungen und stellt eine richtungsweisende Entscheidung für die Logistikbranche aber auch andere Wirtschaftsbeteiligte dar.

Sachverhalt
In dem Klageverfahren ist streitig, ob für im Luftverkehr auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in die EU verbrachte und anschließend bestimmungsgemäß mit einem anderen Flugzeug weiterbeförderte Waren die Einfuhrumsatzsteuer in Deutschland entstanden ist. Insoweit ist in dem Sachverhalt offen geblieben, ob das Verbringen in die EU zollrechtlich vorschriftswidrig (Artikel 202 Absatz 1 Zollkodex a.F.) oder zwar zollrechtlich vorschriftsmäßig erfolgt ist, die anschließende Weiterbeförderung jedoch ohne die zollrechtlich erforderliche Überführung in ein externes gemeinschaftliches Versandverfahren erfolgte (Artikel 203 Absatz 1 Zollkodex a.F.).

Entscheidung
Unstreitig ist die Einfuhrzollschuld bei dem Unternehmen, das die Gegenstände in das Gebiet der Union verbracht hat, gemäß Artikel 202 Absatz 1a) beziehungsweise Artikel 203 Absatz 1 Zollkodex entstanden.

Abweichend von der bisherigen Verwaltungspraxis und der Rechtsprechung hat der EuGH weitergehend entschieden, dass die Situation nicht zwangsläufig dazu führt, dass neben der Zollschuld auch die Mehrwertsteuer in Deutschland entstanden ist. Zwar gilt insoweit grundsätzlich eine Vermutung. Diese Vermutung kann jedoch widerlegt werden, wenn nachgewiesen wird, dass trotz des Fehlverhaltens, das zur Entstehung der Einfuhrzollschuld geführt hat, ein Gegenstand im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates, in dem dieser Gegenstand zum Verbrauch bestimmt war, in den Wirtschaftskreislauf der Union gelangt ist. In diesem Fall tritt der Tatbestand der Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer in diesem anderen Mitgliedstaat ein.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt konnte nachgewiesen werden, dass die fraglichen Gegenstände zu ihren endgültigen Bestimmungsort nach Griechenland verbracht und dort auch verbraucht wurden. Folglich ist die Einfuhrumsatzsteuer nicht in Deutschland, sondern in Griechenland entstanden.

Einordung der Entscheidung
Das Urteil des EuGH ist ein weiterer Schritt auf dem Weg der Entkoppelung der Einfuhrumsatzsteuer von der Entstehung der Zollschuld.

Abzuwarten bleibt zunächst, ob der jeweilige Kläger nachweisen muss, dass die Waren in ein Drittland ausgeführt beziehungsweise in den Wirtschaftskreislauf eines anderen Mitgliedsstaates eingegangen sind oder ob die Zollverwaltung die Beweislast dafür trägt, dass eine Einfuhr von Gegenständen im Inland (das heißt in der Bundesrepublik Deutschland) vorliegt. Nach unserem Dafürhalten hat die Zollverwaltung anhand von konkreten Tatsachen darzulegen und zu beweisen, dass eine Einfuhr von Gegenständen im Inland vorliegt.

Insbesondere für „Logistiker“ (Frachtführer, Spediteure, Zolldeklaranten) dürfte dieses Urteil wichtig sein. Sofern „Logistiker“ Zoll- und Einfuhrumsatzsteuerschuldner werden, wird derzeit noch (überwiegend) angenommen, dass „Logistiker“ (im Gegensatz zum Importeur) mangels Verfügungsmacht nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Folglich ist „Logistikern“ der Vorsteuerabzug als „einfache Lösung“ zur Neutralisierung einer auf Grund eines zollrechtlichen Fehlers festgesetzten Einfuhrumsatzsteuer verwehrt. Mit der nunmehr von dem EuGH vertretenen Auffassung haben „Logistiker“ die Möglichkeit, sich gegen die Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer zu wehren.

Aber auch „Importeure“ können von dem Urteil profitieren. Dies gilt insbesondere für Fälle, in denen sie bei der zollrechtlichen Abwicklung der Einfuhr in die EU keinen „Logistiker“ einsetzen und damit selbst Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer im Falle einer zollrechtlichen Pflichtverletzung werden. In derartigen Fällen besteht nunmehr die Möglichkeit, sich gegen die Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer zur Wehr zu setzen.

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