Zollrecht

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Zollrecht

Nachträgliche Änderung des Zollanmelders

Immer wieder kommt es vor, dass Zollanmeldungen unzutreffend abgegeben werden. Dies muss nicht absichtlich geschehen. Oftmals handelt es sich um einen versehentlichen Arbeitsfehler. Fraglich ist, ob und wie eine Zollanmeldung nachträglich korrigiert werden kann. Während Angaben die Ware und den Wert betreffend anerkannterweise nachträglich geändert werden können, hat die Zollverwaltung die nachträgliche Änderung des Zollanmelders in der Regel abgelehnt. Dies auch, weil es entsprechende Urteile gab, die eine Änderung ablehnten. Nunmehr sind zwei Urteile ergangen, die sich ebenfalls mit der nachträglichen Änderung des Zollanmelders auseinandersetzen. Helfen diese in der Praxis?

I.

Mit Urteil vom 16.07.2020 (Rs. C-97/19; Verfahren Pfeifer & Langen) hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Vorlageverfahren des Finanzgerichts Düsseldorf folgende Entscheidung getroffen:

  • Art. 78 Abs. 3 ZK a.F. ist dahin auszulegen, dass die Zollbehörden einem Antrag auf Überprüfung einer Zollanmeldung stattgeben können, der darauf abzielt, dass das Bestehen eines indirekten Vertretungsverhältnisses zwischen einem Bevollmächtigten, der, obwohl er über eine Vollmacht des Inhabers der Einfuhrlizenz verfügte, irrtümlich angegeben hat, ausschließlich im eigenen Namen und für eigene Rechnung zu handeln, und dem Vollmachtgeber, für dessen Rechnung die Anmeldung abgegeben wurde, kenntlich gemacht wird.

Begründet wird diese Entscheidung wie folgt:

  • Art. 78 ZK a.F. lässt es zu, nach Abgabe der Zollanmeldung neue Umstände vorzutragen, die von den Zollbehörden zu berücksichtigen sind. Der Grundgedanke von Art. 78 ZK a.F. ist nämlich, das Zollverfahren auf die tatsächliche Situation abzustimmen.
  • Art. 78 ZK a.F. unterscheidet nicht zwischen Irrtümern oder Unterlassungen. Der Wortlaut „unrichtige oder unvollständige Grundlagen“ ist so zu verstehen, dass tatsächliche Irrtümer und Unterlassungen sowie Irrtümer bei der Auslegung des anwendbaren Rechts erfasst werden.
  • Art. 78 ZK a.F. verbietet nicht, dass einzelne Punkte einer Zollanmeldung Gegenstand einer Änderung gemäß Art. 78 Abs. 2 ZK a.F. sein können, Dazu gehören auch die Angaben zur Person des Anmelders und das Bestehen eines indirekten Vertretungsverhältnisses.

Daraus folgt:

  • Art. 78 ZK a.F. findet Anwendung, wenn der Bevollmächtigte, auch nach Überlassung der Ware, in der Lage ist, die Vollmacht mit seiner Beauftragung zur Abgabe der Zollanmeldung vorzulegen. Sicherzustellen ist allerdings, dass kein Rechtsmissbrauch (Betrug) vorliegt sowie die Einhaltung der Antragsfrist von drei Jahren.

Damit steht höchstrichterlich fest, dass eine nachträgliche Änderung der Zollanmeldung auch in Bezug auf die Person des Anmelders grundsätzlich möglich und nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist. Davon profitieren insbesondere Logistiker (Spediteure, Frachtführer, Zolldeklaranten), die als Dienstleister Zollanmeldungen in direkter und indirekter Stellvertretung abgeben.

II.

ABER:

Das Finanzgericht Hamburg hat am 01.12.2020 ein Urteil gefällt (AZ 4 K 49/18), das sich ebenfalls mit der nachträglichen Änderung des Zollanmelders beschäftigt.

 

Das Finanzgericht Hamburg kommt zu dem Ergebnis:

  • Zwar enthält die Zollanmeldung eine Unrichtigkeit. Ein Anspruch auf Änderung der Zollanmeldung besteht jedoch weder nach Art. 173 Abs. 1 UZK noch nach Art. 173 Abs. 3 UZK.

Die Ablehnung der nachträglichen Änderung des Zollanmelders begründet das Gericht wie folgt:

  • Eine Änderung der Zollanmeldung ist gemäß Art. 173 Abs. 1 UZK nicht mehr nach Überlassung der Ware möglich. Eine Überlassung der Waren liege bereits vor.
  • Fraglich ist, ob Art. 173 Abs. 3 UZK eine nachträgliche Änderung des Zollanmelders nach Überlassung zulässt. Selbst wenn man dies unterstelle, scheide eine nachträgliche Änderung wegen Art. 173 Abs. 1 b) UZK aus. Art. 173 Abs. 2 b) UZK schließt eine Änderung der Zollanmeldung aus, nachdem die Zollbehörden festgestellt haben, dass die Angaben in der Zollanmeldung unrichtig sind. Vorliegend hat die Klägerin den Antrag auf Änderung der Zollanmeldung erst gestellt nach dem sie den Zoll über die Unrichtigkeit der Zollanmeldung informiert hat.
  • Selbst wenn Art. 173 Abs. 2 b) UZK nicht einschlägig sei, war die Zollverwaltung nicht verpflichtet, die Zollanmeldung zu ändern. Die Zollverwaltung hat das ihr zustehende Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt. Durch eine Korrektur der Zollanmeldung darf nämlich keine Rechtsfolge herbeigeführt werden, die im Widerspruch zu anderen Vorschriften des Zollrechts steht. Vorliegend würde eine Änderung des Zollanmelders, also für wen die Klägerin die Zollanmeldung abgegeben hat, dazu führen, dass das Offenkundigkeitsprinzip des Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 UZK nicht gilt und die Rechtsfolge des Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 UZK nicht eintritt.

Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 1 UZK verlangt, dass die Vertretungsmacht bereits bei Abgabe der Zollanmeldung feststeht. Dies gelte auch für die Person des Vertretenen. Ließe man die Änderung des Vertretenen zu, stünde der Vertretene nicht bei Abgabe der Zollanmeldung fest. Zudem würde neben der Klägerin der neue Zollanmelder Zollschuldner werden und nicht nur die Klägerin, die mangels einer Vollmacht allein Zollschuldnerin werden würde (Eigengeschäft).

Aufgrund der Ablehnung der nachträglichen Änderung des Zollanmelders stellt sich die Frage, ob die Entscheidung des Finanzgerichts Hamburg mit dem Urteil des EuGH vom 16.07.2020 einhergeht. Das Finanzgericht Hamburg bejaht dies in seiner Entscheidung ausdrücklich und führt aus:

  • Dieses Ergebnis steht nicht im Widerspruch zu den Wertungen des EuGH im Verfahren Pfeifer & Langen. Die Zollanmeldung, die Pfeifer & Langen irrtümlich im eigenen Namen abgegeben hatte, war nämlich eine Vollmacht des Unternehmens, das sie vertreten wollte, beigefügt. Vorliegend lag nicht einmal eine Vollmacht des angeblich Vertretenen vor. Kurz zusammengefasst: In dem Verfahren Pfeifer & Langen lagen bei Abgabe der Zollanmeldung bis auf die fehlende Äußerung des Vertretungwillens alle Voraussetzungen für die wirksame (indirekte) Stellvertretung vor und die Zollbehörde hat den Vorgang auch in diesem Sinne verstanden. Dies war hier nicht der Fall, insbesondere lag gar nicht erst eine Zollvollmacht vor.

III.

UND JETZT?

In letzter Konsequenz stellen Urteile immer eine Entscheidung im Einzelfall dar. Folgende Grundsätze können den beiden Urteilen meiner Ansicht nach entnommen werden, auf die es sodann bei der Bewertung im Einzelfall ankommt:

  • Eine nachträgliche Änderung des Zollanmelders ist gemäß Art. 78 ZK a.F. möglich, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Dazu gehört insbesondere das Vorliegen und die Vorlage der Zollvollmacht im Zeitpunkt der Abgabe der Zollanmeldung. In der Praxis relevant ist dies für Verfahren, die sich noch nach dem ZK a.F. richten. Die Anzahl dieser dürfte gering sein, da die Änderungsfrist drei Jahre beträgt und der UZK seit 2016 Anwendung findet.
  • Ob die Rechtsprechung des EuGH in der Sache Pfeifer & Langen auch auf Art. 173 UZK Anwendung findet, hat das Finanzgericht Hamburg offen gelassen. Das Finanzgericht Hamburg musste dies nicht entscheiden, da in dem zu Entscheidung vorliegenden Sachverhalt im Zeitpunkt der Abgabe der Zollanmeldung (anders als bei Pfeifer & Langen) keine Vollmacht vorlag. Das Art. 173 UZK das Fehlen einer Zollvollmacht nicht heilt, dürfte zutreffend sein.

In der Literatur wird mit guten Argumenten vertreten, dass Art. 173 Abs. 3 UZK die nachträgliche Änderung des Zollanmelders zulässt. Auch wir vertreten dies und raten daher, in Angelegenheiten, die sich nach dem UZK richten, gemäß Art. 173 Abs. 3 UZK einen Antrag auf nachträgliche Änderung des Zollanmelders zu stellen, falls die Ware bereits überlassen sein sollte.

Bei der Stellung des Antrags ist darauf zu achten, dass keiner der Ausschlussgründe des Art. 173 Abs. 2 UZK greift. Dies gilt insbesondere in Bezug auf Art. 173 Abs. 2 b) UZK. Demnach ist direkt der Antrag auf Änderung zu stellen und nicht erst die Zollbehörde über das Abweichen des Zollanmelders / Vertretenen zu informieren.

  • Zudem und insgesamt ist von maßgeblicher Bedeutung, dass zum Zeitpunkt der Abgabe der Zollanmeldung eine Zollvollmacht des Vertretenen vorliegt.
  • Dies ist wichtig, weil sich aus einer wirksamen und eindeutigen sowie vollständig und lesbar ausgefüllten Zollvollmacht der Vertretene ergibt, was das Risiko in Bezug auf die Angabe eines unzutreffenden Anmelders / Vertretenen aufgrund einer nicht vorhandenen / unzureichenden Zollvollmacht minimiert.
  • Zudem ist das Vorliegen einer Zollvollmacht im Zeitpunkt der Abgabe einer Zollanmeldung wichtig, weil es zutreffend sein dürfte, dass (wie auch Art. 78 ZK a.F.) Art. 173 Abs. 3 UZK vorsieht, dass im Zeitpunkt der Abgabe der Zollanmeldung eine wirksame Zollvollmacht vorliegt. Ich jedenfalls gehe davon aus, dass dies das Ergebnis eines entsprechenden Urteils zu Art. 173 Abs. 3 UZK sein dürfte.

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