Zollrecht

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Zollrecht

Nachträgliche Tarifierung ohne physische Untersuchung

Bei der Einreihung von Waren in die Kombinierte Nomenklatur stellt sich die Frage, ob diese Einreihung eine physische Untersuchung der entsprechenden Waren erfordert oder ob dies auch anhand schriftlicher Dokumente möglich ist. Mit Urteil vom 22.11.2012 hat sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Urteil dazu geäußert.

 

Sachverhalt:

Im Rahmen einer komplizierten Einreihung bestimmter Waren in die Kombinierte Nomenklatur hatte der EuGH zu prüfen, ob Art. 78 Abs. 2 Zollkodex dahin auszulegen sei, dass die nachträgliche Überprüfung der Waren und die nachfolgende Änderung ihrer zolltariflichen Einreihung auf der Grundlage schriftlicher Dokumente vorgenommen werden könne, ohne dass die Zollbehörden dabei verpflichtet wären, die Waren physisch zu untersuchen.

In Art. 78 Abs. 2 Zollkodex heißt es, dass die Zollbehörden „nach der Überlassung der Waren die Geschäftsunterlagen und anderes Material, das im Zusammenhang mit den betreffenden Einfuhr- oder Ausfuhrgeschäften sowie mit  späteren Geschäften mit diesen Waren steht“, prüfen können, „um sich von der Richtigkeit der Angaben in der Anmeldung zu überzeugen.“

Daraus ergebe sich, so der EuGH, dass die nachträgliche Prüfung der Anmeldungen durchgeführt werden könne, ohne dass die Zollbehörden verpflichtet wären, die Ware physisch zu untersuchen. Auch die nachfolgende Änderung ihrer zolltariflichen Einreihung sei auf der Grundlage schriftlicher Dokumente möglich; eine physische Untersuchung der Waren sei dabei ebenso nicht nötig.

 

Bewertung der Entscheidung:

Das Urteil entspricht der Zollabfertigungspraxis. Aus der täglichen Beratung ist uns bekannt, dass mit zunehmender Tendenz Einfuhrabgaben für Einfuhren in die EU nacherhoben werden, obwohl keine Beschau der Ware stattgefunden hat. Oftmals wird allein auf der Grundlage eines Datenblattes über die Einreihung entschieden. Dieses Vorgehen verwundert.

Zum einen äußert sich der Zoll selbst dahingehend, dass auf Angaben in den Datenblättern nicht grundsätzlich vertraut werden kann. Zum anderen ist der Zoll in den Verfahren, in denen mittels Rechtsbehelfe gegen die Nacherhebung vorgegangen wird, darlegungs- und beweislastpflichtig für die Tatsache, dass Gegenstand der betroffenen Nacherhebung die angemeldete Ware gewesen ist. In vielen (umfangreichen) Verfahren führt dies dazu, dass wir uns mit dem Zoll oftmals über die Verhältnismäßigkeit der Anzahl der zurückbehaltenen Waren auseinandersetzen.

Auch wenn das Urteil dem für die Nachprüfung einer Zollanmeldung geltenden Zollrecht entspricht, ist zweifelhaft, ob es dies (auch) bezüglich der geltenden Darlegungs- und Beweislastpflichten tut.

Haben Sie Fragen zu diesem Urteil und/oder benötigen Sie Unterstützung bei der Abwehr von Nacherhebungsbescheiden? Wir sind Ihnen dabei gerne behilflich!

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