Zollrecht / Steuerrecht

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Zollrecht / Steuerrecht

Steuerpflicht der innergemeinschaftlichen Lieferung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat am 24.04.2013 ein Urteil (Az.: VR 28/11) zur Steuerpflicht von innergemeinschaftlichen Lieferungen getroffen.

 

Sachverhalt:

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) handelt mit PKW. Im Streitjahr verkaufte sie zwei PKW  an eine in Luxemburg ansässige GmbH (GmbH), wobei sie davon ausging, dass die Lieferung der beiden Fahrzeuge als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei sei.

Die Klägerin bot die beiden PKW im Internet zum Verkauf an.  Die Geschäftsanbahnung erfolgte über eine Person, die sich als KP und als Geschäftsführer der GmbH ausgab. Nach Angaben im Personalausweis des KP war dieser im Inland ansässig. Der dem Vertragsschluss vorangegangene Kontakt  erfolgte über ein Mobiltelefon und ein Fax, je mit deutscher Vorwahl. Der Klägerin lag bei Vertragsschluss ein Auszug aus dem Handels- und Gesellschaftsregister für die GmbH vor, in dem KP als Geschäftsführer aufgeführt wurde. Ebenfalls lag ein Schreiben mit dem Briefkopf der GmbH vor, versehen mit einem handschriftlichen Hinweis: „Vollmacht. Bitte Herrn L Kfz-Brief und Schlüssel aushändigen. Herr L. hat Kaufpreis in bar dabei.“ Unterzeichnet war das Schreiben mit einer der Unterschrift auf dem Personalausweis des KP ähnlichen Unterschrift. Mit dieser Unterschrift war ferner eine auf L ausgestellte Vollmacht ohne Datum unterzeichnet. Die Klägerin verfügte über Kopien des auf KP ausgestellten Personalausweises. Durch das Bundesamt für Finanzen wurde der Klägerin auf Anfrage bestätigt, dass die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der GmbH gültig sei.

Die beiden Fahrzeuge wurden dem L durch die Klägerin übergeben. Auf den Rechnungsdoppeln bestätigte L mit Unterschrift, die beiden PKW nach Luxemburg zu befördern. Der Kaufpreis wurde bar bezahlt.

Der tatsächliche Verbleib der PKW ist nicht bekannt. Die GmbH war bereits in den 1990er Jahren aufgelöst worden. Die vorgelegten Personalausweise waren gefälscht. Die Unterschriften auf den Rechnungen wichen von dem auf dem Personalausweis ab. Der tatsächliche Abnehmer der PKW war somit nicht zu ermitteln.

Gestritten wurde nunmehr um die Frage, ob diese Lieferung steuerfrei sei oder nicht. Insbesondere war zu klären, ob die Lieferung nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG steuerfrei sein könnte. Dafür ist es notwendig, dass die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte.

 

Entscheidungsgründe:

Nach Ansicht des BFH komme die Gewährung von Vertrauensschutz gem. § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG nicht in Betracht, da die Klägerin zwar auf die unrichtigen Abnehmerangaben vertraut habe, sie dabei aber nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gehandelt habe.

Nach einem EuGH-Urteil müsse der Lieferer in gutem Glauben handeln und alle Maßnahmen ergreifen, die vernünftigerweise verlangt werden können, um sicherzustellen, dass der von ihm getätigte Umsatz nicht zu einer Beteiligung an einer Steuerhinterziehung führt.

Gleiches ergibt sich auch aus der BFH-Rechtsprechung, wonach der Unternehmer „Nachforschungen bis zur Grenze der Zumutbarkeit“ durchzuführen habe. Dabei könne sich die zur Steuerpflicht führende Bösgläubigkeit auch aus solchen Umständen ergeben, die in keinem Zusammenhang mit den Beleg- und Buchangaben stehen.  Ungewöhnliche Umstände wie etwa ein Barverkauf hochwertiger Wirtschaftsgüter mit „Beauftragten“ ohne Überprüfung der Vertretungsmacht würden dabei nicht für sich allein zur Bösgläubigkeit führen, vielmehr sei zu prüfen, ob der Unternehmer mit der erforderlichen kaufmännischen Sorgfalt gehandelt habe.

Im vorliegenden Fall sei der Kontakt zum Abschluss der Kaufverträge nicht über den Geschäftssitz der GmbH angebahnt worden. Der Kontakt zum Käufer erfolgte vielmehr ausschließlich über ein Mobiltelefon und ein Faxgerät mit jeweils deutscher Vorwahl. Bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt hätte – so der BFH – die Klägerin anhand dieser Umstände am Vorliegen einer Geschäftsbeziehung zu einer in Luxemburg ansässigen GmbH zweifeln müssen. Zumindest hätte die Klägerin – um die erforderliche Sorgfalt zu erfüllen – bei der Anbahnung der erstmaligen Geschäftsbeziehung den Kontakt zur GmbH über deren Geschäftssitz in Luxemburg suchen müssen. Auch in Hinblick auf das Vorliegen von Bargeschäften über hochwertige Wirtschaftsgüter bestand hierfür Veranlassung. Da die GmbH bedingt durch ihre Auflösung keinen Geschäftsbetrieb unterhielt, hätte die Klägerin feststellen können, dass keine Bestellungen der GmbH vorlagen. Somit käme es auch nicht mehr auf die Frage an, ob die Klägerin die Fälschung der Personalausweise hätte erkennen können.

 

Bewertung für die Praxis:

Durch das Urteil werden die Sorgfaltspflichten präzisiert, die Unternehmen einhalten müssen, um zukünftig einer Steuerpflicht bei innergemeinschaftlichen Lieferungen zu entgehen.

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